Bistum Fulda: Strategische Ziele als Baustein nachhaltiger Veränderung

Nach Verabschiedung der Grundsätze für die Pastoral 2014 hat Bischof Algermissen nach intensiver Konsultation im Jahr 2016 zu Pfingsten 2017 ein strategisches Gesamtkonzept zur langfristigen Entwicklung der Kirche in Fulda ratifiziert. Das ist in dieser Form etwas Neues und außerordentlich mutig: Die Ziele sind – ausgehend von einer guten theologischen Fundierung – systematisch aufeinander abgestimmt, zeitlich terminiert, mit konkreten Indikatoren und Zielerreichungskriterien hinterlegt.

Dynamisches Strategieverständnis

Kritiker werden sagen: Kirche ist nicht machbar. Das stimmt! Genau dies ist auch nicht die Idee dahinter. Unterstellt wird ein Strategieverständnis, das dem Hl. Geist keinen Raum gibt und versucht, Zukunft plandeterministisch “herzustellen”. Dieses Strategieverständnis stammt aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wirklichkeit funktioniert nicht wie eine „triviale Maschine“. Deshalb gehen moderne Konzepte davon aus, dass strategische Steuerung ein kontinuierlicher Entwicklungsvorgang ist. Strategie verknüpft kreative, divergente und zielorientierte, konvergente Prozesse: Steuerung (i.S. einer zielorientierten Prozesslenkung) und Entwicklung (i.S. einer kreativen Suchbewegung) sind untrennbar aufeinander verwiesen. Iterativ verknüpft halten sie in ihrem wechselseitigen Bezug Stabilität und Veränderung der Organisation in einer der Umweltentwicklung angemessenen Balance.

Das ist der innere Sinn einer Strategie: Die Verständigung auf eine Strategie gibt einen verlässlichen Rahmen, jetzt, d.h. operativ valide Entscheidungen zu fällen. Habe ich mich nicht darauf verständigt, müssen Entscheidungen dennoch getroffen werden (auch Nicht-Entscheidung ist eine Entscheidung, die Wirkung entfaltet). Dann fallen sie aus der Hüfte geschossen oder nach Kriterien, die intransparent sind bzw. auf die man sich nicht gemeinsam verständigt hat. Man mag das die Wirkung des Hl. Geistes nennen, es gibt auch andere Begriffe dafür …

Nachhaltige Transformation

Eine Strategie wirkt nicht dadurch, dass sie da ist. Um den Weg in die Zukunft gangbar, zeitnah überprüfbar und damit auch die Strategie revidierbar zu machen, muss die Zielbeschreibung (das Zielfoto, der Bauplan) um eine Wegbeschreibung (einen Fahrplan) ergänzt werden. Die Pläne für das Changemanagement beziehen sich in erster Linie auf die Entwicklung der Organisation und – daran gekoppelt – die Entwicklung und Qualifizierung der Personen, die mitwirken und Verantwortung tragen.

Abb.: Tiefenstruktur pastoraler Planung

Das genügt jedoch nicht. Lösungen für komplexe Fragestellungen – etwa wie das Evangelium heute lebensweltbezogen oder milieusensibel plausibilisiert werden kann – sind nicht einfach deduktiv ableitbar, da es unmöglich ist, alle Randbedingungen im Vorhinein mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen. Lösungsideen müssen – ausgehend von Hypothesen – experimentell erprobt und validiert bzw. falsifiziert werden. Die Strategie legt genau hierfür den Rahmen fest. Substantiell Freiraum zu schaffen, etwa 50% der Ressourcen in Innovation und Experimente zu stecken, ist auch eine Strategie, und nicht die schlechteste angesichts der aktuellen Herausforderungen.

Experimentieren bedeutet, Lösungsansätze und -ideen systematisch, d.h. unter kontrollierten Bedingungen, zu untersuchen, um empirische abgesicherte Informationen zu generieren, die im Blick auf die jeweilige Zielstellung eine Bewertung bzw. Vergleiche ermöglichen und damit Entscheidungsprozesse unterstützen. Der vierte, unerlässliche Baustein nachhaltiger Veränderung ist Evaluation, die systematische Überprüfung der Wirkungen auf der Folie der vereinbarten Strategie, die zu einer permanenten Überprüfung und Anpassung der Strategie führen wird.

Bistum Fulda als Laboratorium

Ausgehend von den strategischen Zielen steht genau dies in Fulda an. Die Umsetzung muss jetzt als geistlicher, fachlicher und kommunikativer Prozess angegangen werden. Transformationsprogramme müssen entwickelt und implementiert werden. Prototypen und Modelle müssen an der Start gebracht werden. Die kontinuierliche Evaluation geplant und organisiert werden. Die Vorbereitungen dazu sind bereits weit fortgeschritten.

Mein Resümee: In Fulda ist der Start in eine Kirchenentwicklung der nächsten Generation gemacht. Kirchliches Handeln wird partizipativer, transparenter und verbindlicher. Jetzt kommt es darauf an, die Transformation um die Bausteine zu ergänzen, die sie nachhaltig machen, in Köpfen und Herzen verankern. Es geht um mehr, um Kulturveränderung, eine visionäre Praxis in der Nachfolge Jesu Christi. – Ich bin gespannt.

Weiterführende Links

Hier geht es direkt zum Text:  zusammen wachsen. Strategische Ziele zur Ausrichtung der Pastoral
Hier geht es Internetauftritt: Informationen zu den strategischen Zielen
Bericht der Osthessen-Zeitung: Verbinden, bewegen, öffnen – Bistum Fulda möchte bis 2030 Umkehr